Wieder ist ein Jahr vergangen und wir planen unsere nächste Reise. Wir wollen uns kein direktes Ziel vornehmen und der Name unserer Segelyacht soll Programm sein. Bumble-Bee ist im englischen die Hummel und es steckt auch der Begriff "to bumble" im Namen. Das Cambridge Dictionary erklärt die Begriffe sehr schön "Bumble-Bee = a kind of large bee with a hairy body" und "to bumble" wird als "summen" oder "zockeln" übersetzt. Eine Hummel ist für das Cambridge Dictionary die große behaarte Biene, die summt und hin und her zockelt. So wollen wir es dieses Jahr halten, wir wollen einfach nach Osten zockeln. Wir wollen keine Nachtfahrten, nicht bei Regen oder Sturm fahren und nach Möglichkeit nicht gegen Wind und Wellen anbolzen.
Der Sommer hat in Deutschland dieses Jahr schon im April begonnen und wir genießen zu Hause Anfang Mai die warmen Abende auf der Terrasse. Am Mittelmeer ist schlechtes Wetter und unsere Lust nach Port-Saint-Louis-du-Rhòne zu starten ist recht bescheiden. Das aktuelle Wettermuster deutet wie im Sommer 2017 einen sogenannten "neuen Sommer" an, lassen wir uns mal überraschen.
Heute ist Christi Himmelfahrt und die schönen warmen Tage zu Hause sind vorerst zu Ende, das ist der ideale Tag für die Fahrt nach Port-Saint-Louis-du-Rhòne. Wie in den Jahren zuvor beendet der Wecker um 4:30 die Nacht und wir brauchen auch in diesem Jahr etwa 40 Minuten, bis wir abfahrbereit im Auto sitzen. Das Navi hat 10 Stunden Fahrtzeit und 1056 km berechnet. Die Fahrt verläuft sehr entspannt, denn Himmelfahrt ist auch in Frankreich ein Feiertag ohne Lkw Verkehr. Das Wetter war ungewöhnlich, es war bis zur Camargue bedeckt und kalt und die Klimaanlage hat Warmluft und keine Kaltluft ins Auto geblasen.
Seit letzten Winter haben wir ein Bugstrahlruder eingebaut, dem wir den Namen Klaas gegeben haben. In den vergangenen Jahren hatten wir in den Häfen oft mit Seitenwind zu kämpfen. Besonders wenn wir am Nachmittag anlegen, ist der thermische Seewind am stärksten und unsere Bumble-Bee ist mit ihrem Kurzkiel sehr windempfindlich. Wenn beim Hafenmanöver keine Fahrt im Boot ist, genügt eine Böe von der Seite und der Bug ist kaum zu halten. Als Zweipersonenbesatzung haben wir ein besonderes Handicap. Eine Person muss Heckleinen und Muringleinen alleine belegen, was dem Rudergänger oft zu lange dauert. Wir haben schon seit einigen Jahren "Heinrich" an Bord. Heinrich ist unser Raymarine Autopilot, der auf langen Strecken Ruder geht. Also herzlich willkommen Klaas, wir hoffen auf die tatkräftige Unterstützung beim Hafenmanöver.
Wir haben sechs arbeitsreiche Tage hinter uns. Auch war es ausgesprochen kalt, am vergangenen Wochenende, bei Regen und in den Nächten mussten wir die Heizung einschalten. Es ist schon erstaunlich, was alles zu reparieren und zu ersetzen ist. An der Sprayhood hat der Segelmacher einige Nähte erneuert, durch Sonne und Wind hat sich stellenweise der Nähfaden in Staub aufgelöst. Unser Dieselmotor hat eine Wartung erhalten. Auch erstrahlt der Unterwasserbereich wieder im perfekten Blau des neuen Antifoulings, fünf Liter Farbe haben wir gestrichen. Die Bordwände sind poliert und Hände, Arme, Schultern und der Rücken schmerzen entsprechend. Heute am Nachmittag wurde unsere Bumble-Bee ins Wasser gefahren.
Danach steht für heute nur noch Segel Anschlagen und das Deck schrubben auf der To-Do Liste. Diese Aufgaben erledigen wir bevorzugt, wenn unsere Bumble-Bee im Wasser schwimmt. Die Vorstellung bei einer unbedachten Bewegung nur ins kalte Wasser zu fallen erscheint angenehmer, als beim Landliegeplatz drei Meter tief auf den Boden zu stürzen. Beim Anschlagen des Großsegels ein Schreck. Am Achterliek ist das Segel an mehreren Stellen parallel zum Achterliek eingerissen. Warum haben wir das vor einem Jahr nicht gesehen, so müssen wir morgen noch einmal zum Segelmacher.
Der Segelmacher hatte ein Einsehen mit unseren misslichen Lage und der Schaden am Großsegel war nach wenigen Stunden repariert, wir konnten das Segel noch am gestrigen Abend anschlagen und können heute ablegen. Die rund 25 Seemeilen entfernte Île de Frioul ist unser Ziel. Als Auftakt zu einer Segelreise war die erste Etappe nicht berauschend, im Golfe de Fos konnten wir 5 sm segeln. Den restlichen Weg war Flaute und unser Motor hat uns geschoben. Die Frioul-Inseln sind eine Gruppe von vier Inseln, die vor Marseille liegen. Die größten Inseln Pomègues und Ratonneu sind durch einen Damm verbunden. Die kleinste Insel hat den Namen Tiboulen, was die provencalische Bezeichnung für Petit bout d’île ist und so viel wie Inselzipfel oder Inselstückchen bedeutet. Auf der Île d’If, im damaligen Gefängnis Château d’If, spielen Teile des Romans der Graf von Monte Christo von Alexandre Dumas.
Während einer Pestepidemie um 1720 wurden die Inseln als Quarantänestation genutzt. Der Damm, der Pomègues und Ratonneu verbindet, wurde 1820 angelegt. Anlass für den Bau war eine am Mittelmeer ausgebrochene Gelbfieberepidemie. Von dieser bis dahin unbekannten Krankheit war auch Marseille betroffen. Hinter dem Damm entstand der Quarantänehafen Dieudonné. Zusammen mit einem Krankenhaus wollte man so die Gefahr der unbekannten Seuche abwehren. Heute wird das Quarantänebecken Port Frioul genannt und wir haben an der Dammseite angelegt. Im Jahr 2002 wurden die Inseln zum Naturschutzgebiet Parc Maritime des Îles du Frioul erklärt. Es ist ein schöner Idyll vor der lauten Metropole und zahlreiche Tagestouristen und Taucher besuchen die Inseln am Tag.
Am Nachmittag wollten wir zum Fort "la Batterie de Pomègues" wandern, was auf den letzten Metern die Möwen erfolgreich verhinderten. Die Mittelmeermöwen haben zur Zeit Küken, die überall als kleine graue Flaumbälle mit Kopf und Schnabel, auf dünnen Beinchen umherlaufen. Zwei Menschen mit einem Hund haben die erwachsenen Vögel als ernste Bedrohung ihrer Küken empfunden und uns mit lauten Schreien und Scheinangriffen sehr deutlich empfohlen nicht weiter zu gehen.
An jedem Tag im Jahr verkehrt tagsüber eine Expressfähre zwischen der Île de Frioul und dem Vieux Port in Marseille. In Marseille legt die Fähre direkt beim Sir Norman Fosters originelle Ombrière (ein großer Spiegelbaldachin) an. Marseille ist die wichtigste französische und eine bedeutende europäische Hafenstadt am Golfe du Lion. Die Stadt hat knapp 900.000 Einwohnern und ist nach Paris die zweitgrößte Stadt Frankreichs. Bei unserem heutigen Besuch wollen wir uns die La Canebière und die Ostseite des Vieux Port ansehen. Der berühmte Straßenzug "La Canebière" war einmal die rund 1 km lange Prachtstraße Marseilles. Sie hat leider ihren alten Glanz eingebüßt und heute säumen die Canebière Geschäfte aller Art. Spätabends gilt sie als unsicheres Pflaster. Uriger und mehr nach unserem Geschmack sind die östlichen Bereiche des Vieux Port. Der Alte Hafen, ist seit 2600 Jahren das Herz von Marseille. Menschen, Geschäfte, Bars und Restaurants an der Ostseite des alten Hafens zeigen nicht so offen die Ausrichtung auf Massentourismus wie an der Westseite des Hafens. An Nachmittag verlassen wir die Metropole und fahren mit der Fähre zurück zum Port Frioul.
Wenige Seemeilen östlich von Marseille liegt das nächste Naturschutzgebiet, die Calanques. Hier herrscht Natur pur, die beste Reisezeit, die Calanques aufzusuchen, ist Mai, Juni oder September und Oktober. Im Sommer sind viele Buchten vom Land aus für die Öffentlichkeit wegen der hohen Waldbrandgefahr nicht zugänglich. Bei Windstille fahren wir am Vormittag unter Motor die 12 sm zur Calanque Port Miou. Diese Calanque liegt nahe am Badeort Cassis und hat zum Landende der Bucht einen Freizeithafen. Je weiter es Richtung Meer geht, desto naturbelassener wird die Calanque und die aus dem Meer herausragenden Kreidefelsen erscheinen weißer und höher als anderswo an der Küste. Am Nachmittag wünscht Bordhund Charlie etwas Bewegung und nach einer anstrengenden Wanderung erreichen wir die Calanques, Port Pin und En-Vau. Doch die Mühe ist es wert, denn der Blick fällt auf hohe Felsenklippen und azurblaues Wasser.
Angeblich hat der Literatur Nobelpreisträger Frédéric Mistral über den Küstenort gesagt: „Wer Paris gesehen hat, aber nicht Cassis, der hat nichts gesehen.” Wenn man die beeindruckenden Calanques bei Cassis mit einschließt, könnten wir uns seiner Aussage teilweise anschließen. Oberhalb von Port Miou beginnt die Avenue des Calanques, die uns direkt zum Hafen von Cassis führt. Im Hafen klopft das Herz des Fischerortes. Wir suchen uns einen Platz und lasst den Blick über die vorbeibummelnden Menschen und die Boote im Hafenbecken schweifen. Danach geht’s zum Shoppen, wir brauchen unbedingt frisches Baguette. Ach ja, das Wetter ist alles andere als sommerlich. Es hat seit letzter Nacht bis zum heutigen Mittag geregnet.
Leider hat sich im Naturparadies Port Miou für uns ein neues technisches Problem offenbart. Unsere Bordbatterien sind ihrem verdienten Alterstod erlegen. Auf dieser Reise hatten wir bisher immer 220 V Landstrom, in der Calanque liegen wir an einer Boje und unseren Energiebedarf müssen die Batterien decken. Prompt sind wir am ersten Morgen mit hell blinkendem Batteriealarm aufgewacht. Gestern konnten wir mit Solarstrom etwas überbrücken aber heute müssen wir weiter. Unsere Wahl fällt auf den Badeort Bandol, dort gibt es einen riesigen Hafen und hoffentlich auch einige Händler für Yachtbedarf. Wir brauchen spezielle Marinebatterien, die nicht gasen und auch unempfindlich gegenüber Kippbewegungen bei Seegang sind. Bei Windstille sind wir mit Motorkraft vormittags nach Bandol gefahren. Bei Windstille sind wir mit Motorkraft vormittags nach Bandol gefahren. Am Nachmittag checken wir das Angebot und finden einen Händler, der uns am nächsten Vormittag neue Batterien liefert.
Leider hat sich im Naturparadies Port Miou für uns ein neues technisches Problem offenbart. Unsere Bordbatterien sind ihrem verdienten Alterstod erlegen. Auf dieser Reise hatten wir bisher immer 220 V Landstrom, in der Calanque liegen wir an einer Boje und unseren Energiebedarf müssen die Batterien decken. Prompt sind wir am ersten Morgen mit hell blinkendem Batteriealarm aufgewacht. Gestern konnten wir mit Solarstrom etwas überbrücken aber heute müssen wir weiter. Unsere Wahl fällt auf den Badeort Bandol, dort gibt es einen riesigen Hafen und hoffentlich auch einige Händler für Yachtbedarf. Wir brauchen spezielle Marinebatterien, die nicht gasen und auch unempfindlich gegenüber Kippbewegungen bei Seegang sind. Bei Windstille sind wir mit Motorkraft vormittags nach Bandol gefahren. Bei Windstille sind wir mit Motorkraft vormittags nach Bandol gefahren. Am Nachmittag checken wir das Angebot und finden einen Händler, der uns am nächsten Vormittag neue Batterien liefert.
Wie vereinbart wurden heute die Batterien bis vor unsere Bumble-Bee geliefert. Danach beginnt für uns die Arbeit. Die elektrischen Anschlüsse, die Verbindungskabel und die Halterungen müssen für die neuen Batterien angepasst werden. Besonders die Halterungen bereiten einige Mühe, die Batterien dürfen bei schwerem Seegang nicht auf Wanderschaft gehen. Nach getaner Arbeit und Mittagspause unternehmen wir am Nachmittag einen ausgedehnten Rundgang durch Bandol.
Wenn wir in östliche Richtung reisen, können wir einfach nicht an Porquerolles vorbeifahren. Das kristallklare Meereswasser in den Buchten von Porquerolles wird im Sommer bis zu 27 Grad warm. Kein Wunder, dass dieses Eiland vor Hyères viele Segler und Tagestouristen anzieht. Auf Porquerolles gibt es nur ein Dorf, mit wenigen Hotels und vielen Restaurants. Der Rest der Insel besteht aus Natur pur und schönen Stränden, die oft nur zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sind. Als weitere Besonderheit will im Juni 2018 das La Fondation Carmignac, ein Museum für zeitgenössische Kunst mit Skulpturengarten, eröffnen.
Wir haben seit heute eine Schlechtwetter Phase, die noch vier Tage andauern soll und so verbringen wir die Tage auf Porquerolles mit faulenzen und wandern. Heute waren wir zum Plage Notre Dame gewandert. Da wir die Wege und alles Sehenswerte kennen, haben wir nur das Handy aber keine Fotokamera mitgenommen. Bei einer Trinkpause beobachten wir überrascht ein Tier, das wie ein Kolibri über der Blüte einer Distel schwebt. Als das Handy aus der Tasche gezogen und die Kamera-App gestartet war, ist das Tier weitergeflogen. Ein Kolibri am Mittelmeer das gibt es doch nicht, das müssen wir im Internet klären. Wikipedia weiß alles und so lernen wir nach unserer Rückkehr, es war ein Taubenschwänzchen. Der grau-orange Schmetterling sieht auf den ersten Blick wie ein Kolibri aus. Der bis zu fünf Zentimeter große Falter fliegt sehr schnell und wendig und zieht mit seinem etwa drei Zentimeter langen Saugrüssel den Nektar im Flug ein. So kann das Taubenschwänzchen in fünf Minuten mehr als 100 Blüten besuchen. Diese Wanderfalter können große Strecken zurücklegen und mit der Klimaerwärmung haben sie bereits den Weg aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland gefunden.
Der deutsche Wetterdienst meldet schon seit Tagen ein im Löwengolf wetterwirksames Tiel über Ostspanien. Heute gibt es zwischen den einzelnen Fronten einen Tag ohne Regen und Gewitter. Auch wenn der Wind aus Osten weht und wir gegen den Wind kreuzen müssen haben wir am Morgen mit dem Ziel Bormes-les-Mimosas abgelegt. Es gibt hier zwei benachbarte Häfen Bormes und Le Lavandou und zwischen beiden Häfen befindet sich ein großer Carrefour Supermarkt. Es steht wieder der wöchentliche Großeinkauf an. Für Bormes spricht weiter ein Weingut am Ortsausgang Richtung Le Lavandou. In den letzten Jahren hatten wir dort einen guten Rot- und Roséwein in der Box gekauft. Aber in diesem Jahr die traurige Überraschung, es gibt keinen Rotwein in der Box. Weder im 3 Liter noch im 5 und 10 Liter Karton. Nur noch Weiß- und Roséwein gibt es in der Box, das werden dann harte Zeiten nur Roséwein im Karton und Rotwein in Flaschen an Bord.
Heute wurde eine kurzfristige Neuplanung der Tagesetappe mit Regen bestraft. Der DWD meldet am Morgen: Tiefdruckrinne von Ostspanien bis zum Tyrrhenischen Meer, die sich abschwächt. Für den Löwengolf und das Ligurische Meer sind südwestliche Winde um 3, strichweise Schauer- oder Gewitterböen gemeldet. Andere Wetterdienste lokalisieren die Schauer und Gewitter über dem Festland und nicht über dem Meer. Damit war unsere Planung am Morgen, wir frühstücken in aller Ruhe, fahren noch zur Tankstelle und steuern das 8 sm entfernte Cavalaire-sur-Mer an. Schon hinter dem Hafen gab es guten Segelwind und wir konnten den Motor stoppen. Zuerst ging es mit 4-5 kn und später mit 6-7 kn bei raumem Wind gut voran. Bei so guten Bedingungen nach zwei Stunden die Etappe beenden, wollten wir nicht. Wir wurden übermütig und wählten als neues Ziel Saint Tropez. Fünf Seemeilen vor Saint Tropez hat der regionale Wettergott den Preis für den herrlichen Segelwind eingefordert. Dunkle Wolken voraus und mit dem fernen Donnergrollen drehte der schöne Rückenwind auf Gegenwind. Eine halbe Stunde vor dem Ziel setzte der Regen ein, der natürlich nachdem wir im Hafen festgemacht haben weniger wurde und kurze Zeit später aufhörte. Zum Abend haben sich alle Wolken verzogen und ein herrlicher Abendhimmel leitet uns in die Nacht.
Gestern nach dem Regen wuselten unzählige Boys auf den Megayachten und Schnellbooten um den kleinsten Wasserfleck zu entfernen. Heute nach dem morgendlichen Tau die gleiche Prozedur. Ich will jetzt nicht behaupten, dass unsere Bumble-Bee verschmutzt ist, aber vor ein paar Tagen hatten wir Saharawind, der seinen feinen Staub abgeladen hat. Was besonders nach dem Regen sichtbar wird. Bordhund Charlie legt derzeit seinen dicken Winterpelz ab und mit dem morgendlichen Tau sind seine Pfotenabdrücke überall an Deck. Am auffälligsten ist der Hang zur Perfektion bei vielen Menschen, die abends über die Hafenpromenade flanieren. Besonders Frauen, die dem aktuellen Schönheitsideal nicht entsprechen, begegnen uns in Saint Tropez selten. Wer mehrere Tausend Euro Tagesmiete für ein Schnellboot bezahlt, erwartet nicht nur Motorleistung, sondern auch ein perfekt gepflegtes Boot. Aber bei Menschen geht der Hang zur Perfektion uns zu weit. Zu gestern ist noch zu berichten, dass unser neuer Bugmatrose "Klaas" hervorragende Arbeit geleistet hat. Wir haben schon seit einigen Jahren "Heinrich" an Bord. Heinrich ist unser Autopilot, der auf langen Strecken Ruder geht. Seit letzten Winter haben wir ein Bugstrahlruder eingebaut, dem wir den Namen Klaas gegeben haben. Bei der Ankunft im Hafen hatten wir starke Schauerböen und Klaas hat die Manöver im engen Hafenbecken sehr erleichtert. Heinrich und Klaas sei an dieser Stelle gedankt.
Gestern hatten wir Saint Tropez verlassen und sind 25 sm weiter nach Cannes gesegelt. Äh - segeln ist jetzt etwas übertrieben wir hatten auf der gesamten Strecke zwischen 2 und 6 Knoten Wind. Das ist Windstärke 1-2 und alles unter 8 Knoten Wind (3 Windstärken) ist für unsere Bumble-Bee Flaute und so waren wir die gesamte Etappe mit Motorkraft gefahren. Wir liegen im Vieux Port du Cannes ("Vieux Port" bedeutet übersetzt "alter Stadthafen") und der Hafen ist eine sehr gute Wahl. Er liegt direkt an der Altstadt von Cannes. Cannes ist vielen nur bekannt durch die jährlich im Mai stattfindenden Internationalen Filmfestspiele, aber "Le Suquet", die Altstadt von Cannes, ist eine Sehenswürdigkeit, die uns mit ihrem Flair sofort in ihren Bann zieht. Dieses Viertel mit seinen Gassen, Häusern, Restaurants und Denkmälern muss man gesehen haben, um sich ein richtiges Bild von Cannes zu machen. Nach dem morgendlichen Rundgang durch die Altstadt haben wir den Markt besucht und konnten an den Ständen nicht ohne etwas zu kaufen vorbei gehen. Die besondere Beute des Marktbesuches war unser Mittagessen mit Roséwein und köstlicher Paella mit Cambas, Tintenfisch und Hühnchen. Nach einem Mittagsschlaf gab es Kuchen vom Markt und frischen Kaffee, das ist ein Sonntag, wie er sein sollte. Am Abend im Cockpit sitzen, mit Musik, einem Glas Rosé, den Tagesbericht schreiben und die Aussicht auf die abendliche Atmosphäre des Hafens genießen, so ein Tag ist für uns leben wie Gott in Frankreich.
Saint-Honorat gehört zur Gruppe der Îles de Lérins. Sie ist die zweitgrößte Insel nach Sainte-Marguerite, die sich wenige Meter nördlich befindet, getrennt durch die Passage von Trioul. Unser heutiges Ziel ist der Ankerplatz in der Passage. In unseren Seekarten und Revierführer wird vor unmarkierten Untiefen in der Passage gewarnt und so wählen wir den sicheren Weg außen um die Inseln herum und steuer von Osten in die Passage. In der Passage erweist sich unsere Vorsicht unbegründet, so ist doch eine sichere Durchfahrt der Passage mit grünen und roten Tonnen markiert. Dieser kleine Umweg ist gut verschmerzbar, beträgt doch die gesamte Strecke nur 5,3 sm. Saint Honorat liegt auch nur 5 km vor Cannes. Das auf der Insel gelegene Kloster gilt als eine Keimzelle des westlichen Mönchstums. Um 400/410 gründete Honoratus von Arles in der Einsamkeit der Inseln die Abtei Lérins. Das Kloster gewann schnell an Macht und Einfluss und im 5. und 6. Jahrhundert ging eine große Zahl von Bischöfen aus seinen Reihen hervor. Heute leben 20 Mönche im Kloster, das mit den zugehörigen Weinbergen gut ein Drittel der Insel einnimmt. Das Kloster bietet selbst gemachte Weine und den Likör Lérina zum Verkauf an. Heute gibt es zwei Flaschen Wein im Geschenkkarton zum absoluten Schnäppchenpreis von 75 €. Wir lehnen dankend ab und verbringen den Tag mit faulenzen im Cockpit. Die Ankerplätze sind gut besucht und so gibt es hier eine Pizzabäckerei auf einem ankernden Katamaran und zwei Schlauchboot umkreisen die Yachten für die Bestellungen.
Die Nacht vor Anker war unruhig, immer wieder gab es knackige Böen zwischen den Inseln. Am frühen Morgen hat auch noch die Windrichtung von Ost auf West gedreht. Dabei ist unser Anker wenige Meter auf Wanderschaft gegangen und hat sich am Rand zur Seegraswiese erneut eingegraben. Die ganze Mühe einen sandigen Ankergrund zu finden war vergeblich und beim Anker hinaufholen haben wir etwas Seegras ausgerissen. Für den Umweltfrevel wurden wir vom Wettergott auch später mit Regen bestraft. Aber das wussten wir am Morgen noch nicht, der Wetterbericht sagte nur für den späten Nachmittag 0,3 mm Regen mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% voraus, bevor es die nächsten Tage wieder richtig schütten sollte. Um dem morgigen Regen zu entgehen, beschließen wir schon heute weiter nach Nizza zu fahren. Gekommen ist der Regen genau umgekehrt, auf halbem Weg wird vor uns der Himmel dunkel und erste Regenschauer verderben uns die Laune. Drei Seemeilen vor Nizza verdunkelt sich der Himmel weiter und die Sicht verringerte sich von über 5 sm auf wenige 100 Meter, hatten wir zuvor noch Nizza und die Berge gut gesehen war mit einem Schlag alles hinter dem Regenvorhang verschwunden. Zuerst trafen die Schauerböen ein, dann wurde das Meer seltsam glatt und dann goss es wie aus Eimern. Erst 300 m vor der Hafeneinfahrt besserte sich die Sicht und der Regenguss wurde langsam schwächer. Natürlich nach dem Anlegemanöver war der Regen vorbei.
Es will sich in diesem Jahr einfach keine stabile Hochdruckphase am Mittelmeer einstellen. Seit Tagen meldet der Deutsche Wetterdienst die gleiche Aussage: "Unbeständiges Wetter mit Gewittern rufen in höheren Luftschichten ausgeprägte Tiefs hervor, die ostwärts ziehen. Dabei ist zunächst das westliche, zeitweise das mittlere und vorübergehend das östliche Mittelmeer betroffen", wobei die tägliche Formulierungen leicht variiert. Für uns bedeutet das, auf warme und sonnige Tage folgt in beständiger Regelmäßigkeit ein Regen- und Gewittertag. Gestern hat es wie aus Kübel gegossen, heute ist es zur Abwechslung sonnig. Beim Spaziergang am Nachmittag werden rund um dem Hafen, die im Volksmund als Merkel-Poller getauften Betonklötze abgeladen und große Plakate verkünden für Samstag "la fête du port" (Hafenfest). Morgen soll es wieder einmal Regenschauer geben und wir wollten eigentlich morgen weiter Richtung Italien fahren. Bei den Alternativen schon wieder im Regen fahren oder hier bleiben und das Hafenfest genießen, ist unsere Wahl schnell klar, wir bleiben bis Sonntag in Nizza.
Am Abend des 14. Juli 2016 befanden sich im Rahmen der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag etwa 30.000 Menschen auf der Strandpromenade von Nizza, um das Feuerwerk zu beobachten, als gegen 22:45 Uhr ein Attentäter mit einem Lkw auf die Strandpromenade fuhr und 86 Menschen tötete. Als Konsequenz sind die Sicherheitsvorkehrungen zum heutigen Hafenfest enorm. Alle Straßen um den Hafen wurden mit Betonklötzen abgesperrt, schwer bewaffnete Soldaten und Polizeistreifen patrouillieren rund um den Hafen und überall stehen die Mitarbeiter privater Security Unternehmen. Sogar neben jedem Müllcontainer steht eine Wache und beobachtet, was in den Container geworfen wird. Am Nachmittag gingen Scharfschützen an unserem Liegeplatz vorbei und haben wahrscheinlich in einem der umliegenden Häuser Posten bezogen, alle Besucher müssen, wie wir es vom Flughafen kennen, an den Eingängen Metalldetektoren passieren. Wir wurden gestern Abend überprüft, der Hafenmeister musste eine Kopie unserer Pässe der Polizei vorlegen. Dieser ganze Aufwand, damit die Menschen Livemusik, Sportwettkämpfe, Restaurants und das Feuerwerk unbeschwert genießen können. Wir haben dabei einen Logenplatz in der ersten Reihe und genießen am Nachmittag und Abend das Programm. Ein besonders Element sind die Freiluft-Essensplätze. Auf zwei fußballfeldgroßen Plätzen wurden am Vormittag von Pavillons umrahmte Tisch- und Stuhlreihen aufgebaut. Am Abend werden unter den Pavillons Speisen und Getränke verkauft und die Besucher suchen sich einen freien Platz an einem Tisch. Hierdurch entsteht selbst in der Großstadt eine sehr familiäre Atmosphäre. An einem der langen Tische sitzend plaudern wir mit einer Mischung aus französisch, englisch und Gebärdensprache mit den Tischnachbarn, genießen Wein und Speisen und im Hintergrund spielt auf einer Bühne eine Band. So vergeht der Tag wie im Flug. Bordhund Charlie fasst in der Nacht das Hafenfest in der folgenden Form zusammen, die Gerüche der Speisen und was so alles unter den Tisch gereicht wurde, war gut und lecker. Ständig von Fremden gekrault zu werden war angenehm, nur das obligatorische Feuerwerk zum Abschluss bereitete ihm große Angst.
Seit drei Wochen verkündet der DWD das gleiche Wettermuster für Südfrankreich, in höheren Luftschichten von West nach Ost ziehende Tiefdruckgebiete mit Regenschauern und Gewitter. Es will sich einfach kein stabiler Keil des Azorenhochs im westlichen Mittelmeer bilden. Heute am Morgen ist in Nizza der Himmel bedeckt und beim Gang zum Bäcker fallen aus der schweren Luft die ersten Regentropfen. Wie wägen unsere Alternativen ab, sollen wir den Regentag hier bleiben oder weiter nach Osten fahren oder nutzen den heutigen Südwind und fahren die erste Etappe zurück nach Westen. Wir entscheiden uns für den Heimweg, dabei wollen wir es nicht übertreiben und wählen das 10 sm entfernte Antibes als Ziel. Wir steuern den riesigen Yachthafen Port Vauban an. Der See- und Yachthafen wurde nach dem Stadtplaner und Baumeister Vauban benannt. Mit ca. 1700 Liegeplätzen ist er einer der größten Yachthäfen Europas. An diesem Yachthafen, der auch der Milliardärhafen genannt wird, legen die allergrößten Yachten an. Zu unserem Glück bekommen wir einen Platz im Bereich des alten Stadthafens. Wenn man beim Rundgang durch den Hafen die vielen protzigen Megayachten sieht, kann man gut verstehen, dass viele Menschen den Reichtum auf dieser Welt ungerecht verteilt sehen.
Antibes ist eine der ältesten Städte an der Côte d’Azur, sie wurde um 340 v. Chr. von den Griechen gegründet. Sie ist aus der griechischen Stadt Antipolis entstanden. Es ist eine schöne alte Stadt mit Stadtmauer und dem Fort Carré am Hafen. Die Festung wurde 1553 auf einem kleinen Hügel hinter dem Hafen erbaut, um die Stadt und den Hafen zu verteidigen. Hier in Antibes mit seiner schönen Altstadt gefällt es sehr gut und wir wollen auf günstigen Wind für den weiteren Rückweg warten, heute weht es aus der falschen Richtung. Ganz so tatenlos verbringen wir die Wartezeit nicht, heute ist Waschtag. Zwei Maschinenfüllungen waschen, anschließend in den Trockner, Wäsche falten und in die Schränke räumen dauert wie zu Hause einen guten halben Tag. Gestern musste ich der Heizstab des Warmwasserboilers ersetzen, damit war ich den ganzen Tag beschäftigt. Boiler entleeren, Heizstab ausbauen, beim Bootsbedarf nach dem Ersatzteil fragen, bis zum Nachmittag auf die Nachricht "Wir haben einen neuen Heizstab" warten, Heizstab abholen und einbauen. Erst am späten Nachmittag war das Wasser wieder warm. Neben den Pflichtteilen unseres Tagesablaufes gibt es zum Glück noch genügend Zeit für die Kür. Wir wandern um die Festung, gehen in der Altstadt Eis essen und in der schönen alten Markthalle einkaufen.
Heute weht der Wind aus östlichen Richtungen (Rückenwind) und so fahren wir weiter nach Saint-Raphaël. Wir steuern den Vieux Port an. Ob Cannes, Nizza, Antibes oder Saint-Raphaël die alten Stadthäfen werden von der Gemeinde betrieben und sind für uns immer die bessere Wahl. Sie liegen direkt an der Altstadt und die Liegekosten sind oft geringer als die Liegekosten der größeren Yachthäfen privater Betreiber am Stadtrand. Saint-Raphaël ist die östlichste Gemeinde des Départements Var und ist sowohl Seebad als auch Winterkurort. Die Stadt liegt in der Bucht Baie de Saint-Raphaël und ist im Westen zusammengewachsen mit Fréjus. Die Einstufung als Winterkurort erkennt man gut an den unzähligen Villen auf den umliegenden Hügeln und auf dem Immobilienmarkt der Stadt werden auch einige Häuser angeboten. Allerdings muss man für eine kleine bescheidene Hütte mit Pool, fünf Schlafzimmer und fünf Bäder mindestens eine Million Euro zahlen. Meerblick kostet noch etwas mehr, jedes Haus hat seinen individuellen Charme und die Angebote sind sehr verlockend. Wenn das dumme Kleingeld nicht wäre.
Entgegen unserer Gewohnheit mindestens 2 Nächte zu bleiben, fahren wir heute weiter nach Cavalaire-sur-Mer. Die Ausdehnung der Côte d’Azur ist nicht eindeutig festgelegt. Im Osten endet sie bei Menton an der italienischen Grenze. Als westlichen Anfangspunkt geben manche Quellen Toulon, Hyères oder Saint-Tropez an. Da wir heute in westliche Richtung an Saint Tropez vorbeifahren verlassen wir am Vormittag den mondänen Kernbereich der Côte d’Azur und legen am Nachmittag in Cavalaire-sur-Mer an. Im Hinterland erhebt sich das Massif des Maures und schützt die Stadt vor kaltem Winterwetter. Es ist ein sehr sehr schöner natürlicher Urlaubsort mit ganz normalen Menschen auf den Straßen. Es ist nach den Jetset Hochburgen Cannes und Saint-Tropez eine Wohltat diese wunderbare südfranzösische Lässigkeit, die mit der schönen Bezeichnung „Laissir-faire“ (das Gewährenlassen; Nichteinmischung) treffend beschrieben wird, wieder zu spüren.
Ein kleiner Ort wie Cavalaire-sur-Mer bedeutet nicht automatisch Ruhe und tote Hose. Vom 15. - 17. Juni wird vor dem Hafen der Flyboard World Cup 2018 ausgetragen. War es gestern noch interessant den Wettkampf zu beobachten, so ist uns ein weiterer Tag mit der Geräuschkulisse des World Cups zu viel. Jeder Teilnehmer, jede Figur jeder Patzer, einfach alles wird kommentiert und schallt lautstark über den Hafen. Wir verlassen am Vormittag Cavalaire-sur-Mer in westliche Richtung. Da wir einfach nicht an Porquerolles vorbeifahren können, legen wir am Nachmittag im Hafen der Insel an. Beim ersten Spaziergang am Abend ist es für uns faszinierend, wie sich die Inselvegetation in den vergangenen drei Wochen verändert hat. In der kurzen Zeit hat sich die Vegetation von Frühjahr auf heißen und trockenen Sommer umgestellt. Gab es vor drei Wochen nur wenige Schmetterlinge, so flattern unzählige Schmetterlinge heute um uns herum. Das Gras ist vertrocknet und es blühen andere Blumen. Seit Antibes wurde es von Tag zu Tag wärmer. Heute ist der erste Tag mit Hitzewarnung (über 30°Grad im Schatten) und wir können nur am späten Nachmittag oder Vormittag wandern, wobei Charlie seinen Weg von Schatten zum Schatten wählt, dicker schwarzer Hundepelz ist jetzt fehl am Platz.
Wir nähern uns dem Löwengolf und damit beginnt wieder die Suche nach geeigneten Windfenstern für die letzten Etappen, der Löwengolf hat nun mal so seine Tücken. Je nach Wind können wir von hier in zwei, drei oder vier Etappen nach Port-Saint-Louis-du-Rhòne fahren. Der Wetterbericht gibt als erste Anhaltspunkte einen kurzen 2-3 Tage Mistral mit Sturmstärke im Löwengolf zum Ende dieser Woche vor. Heute haben wir Wind mit 3-4 Windstärke aus Westen, also für uns Gegenwind. Ab Morgen soll für zwei Tage ein schöner Rückenwind von 3-4 Windstärken aus östlichen Richtungen wehen. Das wäre dann unser erstes Windfenster um in 1-2 Etappen bis La Ciotat zu fahren.
Der Vormittag ist noch windstill und so verlassen wir den Hafen und ankern in der benachbarten Bucht. Das Meer ist hier türkisfarben und herrlich warm. Mit baden und faulenzen verbringen wir die Wartezeit auf den versprochenen Ostwind. Sollte der versprochene Wind nicht kommt, können wir hier vor Anker die Nacht verbringen. Erst zur Mittagszeit setzt ein leichter Wind aus Ost ein und um 2:00 Uhr am Nachmittag weht er kräftig und beständig. Mit Rückenwind und dem Ziel Saint-Mandrier-sur-Mer verlassen wir den Ankerplatz.
Saint-Mandrier-sur-Mer liegt auf der Halbinsel Presqu'île de Cépet, die in die Bucht von Toulon ragt. Dies ist unser dritter Aufenthalt und bisher hat es uns hier sehr gut gefallen, in diesem Jahr hält sich die Begeisterung jedoch in Grenzen. Im Ort sind noch viele Restaurants im Winterschlaf und die Hilfsbereitschaft des Hafenpersonals war sehr dürftig. Als wir 2013 von Blitzen umhüllt und von Gewitterböen kräftig geschaukelt beim Regenmaximum den Hafen erreichten wartete im Starkregen der Hafenmeister bereits an der Mole und reichte uns die Muringleine. In diesem Jahr mussten wir uns einen Platz selber ohne Hilfe suchen. Das ist besonders ärgerlich, wenn an vielen Plätzen die Muringleinen fehlen oder an Steinen im Hafengrund festhängen. Zusätzlich ist die Wassertiefe nur am Ende der Mole für uns ausreichend. Alles Dinge, die der Hafenmeister kennt und den ankommenden Besucher sagen sollte. Weil uns aber niemand einen geeigneten Platz gezeigt hat, mussten wir einmal wegen fehlender Muringleine den Platz wechseln.
Heute fahren wir nach La Ciotat und müssen in der Hafenstadt wahrscheinlich bis Samstag eine Mistralpause einlegen. Morgen soll der Mistral tief Luft holen und kräftigen Wind und Wellen aus westlichen Richtungen bringen. Für Freitag wird in der Windvorhersage ein eintägiger Mistral in Sturmstärke angekündigt. Dies wäre außergewöhnlich, normalerweise dauert eine Mistralphase 3, 6 oder 9 Tage. Wenn sich das Wetter an die Vorhersage hält, können wir am Samstag wieder mit Ostwind bis Port-Saint-Louis-du-Rhòne fahren. La Ciotat ist eine urgemütliche kleine Hafen- und Industriestadt. Sie gehört bereits zum Großraum Marseille und ist der zweitgrößte Vorort der Metropole. In diesem Jahr legen wir im alten Stadthafen an und von unserem Liegeplatz sind es nur wenige Schritte ins pulsierende Stadtzentrum. Von der Einwohnerzahl betrachtet, ist La Ciotat etwa gleich groß wie unsere Heimatstadt Niederkassel am Rhein. Hier pulsiert das Leben in den Gassen und Plätzen der Altstadt. Bezogen auf das hiesige Leben, wäre für Niederkassel selbst die Klassifizierung "tote Hose" noch geschmeichelt.
Auch in der Wartezeit auf günstigen Wind sind die Tage einfach viel zu kurz und es gibt mehr zu entdecken oder zu erleben, als die wenigen Stunden eines Tages erlauben. Heute war am Vormittag der wöchentliche Großeinkauf fällig. Bei dem heißen Wetter benötigen wir zusammen etwa 5 Liter Getränke am Tag. Wenn wir alle 5-6 Tage einen Großeinkauf haben, kommen schnell 30-40 kg für Lebensmittel und Getränke zusammen. Dabei fehlt uns unser Auto sehr, wir müssen alles zu Fuß mit unserem Andersen Shopper transportieren. Auf dem Rückweg haben wir grob nachgerechnet, dass wir in jedem Jahr etwa eine Tonne zum Boot transportieren. Den Einkaufs-Trolley benutzen wir seit fünf Jahren, das sind über die Jahre 5 Tonnen Lebensmittel, erstaunliche Leistung für uns und unseren Hackenporsche. Am Nachmittag sind wir in die Altstadt gegangen. Von 17:00 Uhr bis 0:30 wird heute die "Fête de la Musique" veranstaltet. Rund um den Hafen und an vielen Plätzen wurden für das Musikfest Bühnen aufgebaut, auf denen Musiker aller Richtungen ihr Programm vorführen. Zusätzlich ist Fußballweltmeisterschaft und heute hat die französische Mannschaft ihr zweites Gruppenspiel. Da ergänzt es sich hervorragend, dass alle Straßen um den Hafen für den Autoverkehr gesperrt wurden. So sind die Straßen voller Menschen, die einen bleiben vor einer Bühne stehen und genießen die Musik, andere stehen oder sitzen in den Bistros und verfolgen die Übertragung der Fußballspiele. Wir mit unserem Logenplatz im Stadthafen befinden uns mittendrin, das ist Leben pur in Frankreich.
Bei der Ansteuerung von La Ciotat sieht man schon aus weiter Entfernung den Bec de l’Aigle (Adlerschnabel), einen 155 m hohen rötlichen Felsen. Eigentlich wollten wir heute Zum Adlerkopf wandern, aber mit über 30° im Schatten ist es für uns und Bordhund Charlie viel zu heiß. Diese Wanderung verschieben wir auf unseren nächsten Besuch in La Ciotat. Als Ersatz wählen wir die ehemalige Bahntrasse. Dazu ist zu sagen, dass La Ciotat eine Pionierstadt der Filmgeschichte ist. Am Bahnhof von La Ciotat wurde 1895 von Auguste und Louis Lumière der Stummfilm „Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat“ gedreht. Der Film zeigt, wie ein Zug in den Bahnhof einfährt und Reisende aus- und einsteigen. Dies war einer der ersten Filme, die je entstanden und der öffentlich ab 1896 gezeigt wurde. Heute existiert die Bahnlinie nicht mehr und die Bahntrasse wurde zur Promenade umgestaltet. Gesäumt von Blumen, Sträuchern und Bäumen wird die ehemalige Bahntrasse zum spazieren, joggen oder fahren mit Fahrrad und Skateboard genutzt.
In der letzten Nacht hat sich der Mistral kontinuierlich abgeschwächt und am Morgen frühstücken wir bei Windstille im Cockpit. Mit der Hoffnung auf den vorhergesagten Rückenwind legen wir um 8:30 Uhr zur letzten Etappe ab. Auch ohne Wind kommen wir sehr gut voran, der Diesel schiebt uns mit 5-6 kn Fahrt durch die Flaute. Selbst an den Caps reicht der Wind nicht für unsere Segel. Um 14:00 Uhr fahren wir in den Golfe de Fos und er empfängt uns mit außergewöhnlichen Verhältnissen. Wenn man über den Wind im Löwengolf oder dem Golfe de Fos redet, dann suggeriert die Zahl „3“ jedem Kenner dieser Region - wie nur drei Windstärken, das ist ja Flaute. Aber wir hatten heute nur drei Knoten Wind und das erzeugt noch nicht einmal eine minimale Windkräuselung auf dem Wasser.
Gestern wurde unsere Bumble-Bee aus dem Wasser gehoben und zum Landliegeplatz transportiert. Krantage sind immer Tage ohne eine einzige Ruhepause, erst mit Sonnenuntergang waren wir gestern mit allen Arbeiten fertig und bereit für die Heimfahrt. Heute um 6:00 Uhr haben wir das NavyService Gelände verlassen und eine Autofahrt von 1050 km liegt nun vor uns. Es ist eine lange Strecke und wir nutzen die ersten Kilometer um die Eindrücke dieser Reise zusammenzufassen.
Auf der Schattenseite häuften sich in diesem Jahr die Reparaturen und es war an einigen Tagen der totale Wurm im System. Wir mussten ständig etwas reparieren und ersetzen. Sprayhood und Großsegen wurden vom Segelmacher repariert. Die Dachluke der Bugkabine und ein Türschloss konnten wir selber reparieren. Den Stecker des Landstromkabels, die Bordbatterien, der Heizstab des Warmwasserboilers und meine Lieblingsdichtung der Bordtoilette, die nach dem Abpumpen den Rückfluss des Inhaltes verhindert, mussten wir erneuern. Der skurrilste Schaden war der Verlust unserer Funkantenne im Masttop. Anhand unserer Fotos können wir rekonstruieren, dass wir in der Calanque Port Miou noch eine Antenne hatten. In Cannes hatten wir den Verlust bemerkt und gesehen. Den Standardkanal 16 konnten wir zwischen Port Miou und Cannes normal mithören und die AIS-Signale waren normal zu sehen. Nur wenn wir über einen Hafenkanal mit schwacher Sendeleistung uns anmelden wollten, haben wir keine Antwort erhalten. Nachdem wir unserer Ersatzfunkantenne in Cannes montiert und angeschlossen hatten, war das Problem behoben.
Daneben hat sich als Konsequenz der Terroranschlägen Frankreich sehr verändert. Nach den schweren Terroranschlägen wurden im vergangenen Jahr überall Sicherheitsvorkehrungen installiert und wir werden wohl noch einige Zeit brauchen, um uns daran zu gewöhnen. Es sind nicht nur die Städte Marseille, Nizza, Cannes oder Saint Tropez, die gleichen Vorkehrungen finden wir überall. Auf der Ile de Porquerolles werden alle Tagestouristen mit ihren Wanderrucksäcken oder Badetasche ausgiebig überprüft, bevor sie auf die Fähre gehen. Selbst in der 31.000 Einwohner Stadt La Ciotat wurden zum Musikfest alle Straßen um die Veranstaltungsorte mit Merkel-Poller gesichert. Überall wurden die Altstadtgassen und Plätze mit Absperrgitter und versenkbare Barrieren auf den Straßen geschützt. Hinter Betonklötzen an einem Bistroaußentisch sitzen und seinen Kaffee trinken ist schon ein beklemmendes Ambiente.
Auf der anderen Seite erleben wir selbst bei den Sicherheitskontrollen jene liebenswerten Momente, die das Frankreich prägen, das wir so lieben. Beim Hafenfest in Nizza mussten wir die Security-Schleusen passieren, wenn Charlie einen Gassi-Baum aufsuchen wollte. Lachend und mit reichlich Scherzen wurde dabei Charlie mit dem Handdetektor geprüft und anschließend ausgiebig gekrault, viele Franzosen lieben Hunde. Außerhalb der Großstädte ist ein freundliches „bonjour“ bei jeder Begegnung selbstverständlich. Auch erleichtert Bordhund Charlie den Kontakt zu den Menschen um uns herum, mal etwas verstohlen und oft ganz offen streichelt am Liegeplatz oder im Vorbeigehen eine Hand über den Hundepelz, bevor mit der Frage „welche Rasse“ und „wie alt“ der Smalltalk beginnt. Auf dieser Reise wollten wir ohne ein festes Ziel nach Osten zockeln, wir wollten einfach nur an Bord leben. Solange es was Neues zu erleben und zu sehen gab, waren wir geblieben. Wenn wir von einem Ort genug hatten, sind wir zum nächsten Hafen weitergefahren. Reparaturen, putzen, einkaufen und Wäsche waschen gehörte selbstverständlich auch zum Leben an Bord und sind keine besondere Last. Der Einkauf fällt automatisch kleiner aus und die 15-20 qm Wohnraum an Bord sind leichter sauber zu halten als ein Haus mit Garten. Zusammengefasst haben wir sieben Wochen lang ein herrliches und sorgloses Leben in Freuden und Überfluss an der Cote D'Azur verbracht, was umgangssprachlich die Redewendung „Leben wie Gott in Frankreich“ bedeutet.